Michael von Foerster, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der deutschen Rauchtabakindustrie, im Interview über Regulierung, Werbeverbote und die politische Verantwortung von Unternehmen / in: VDZ-Zeitschrift PRINT&more, Ausgabe 4/2020
Die Neigung der Politik zur Regulierung bis in den Alltag des Einzelnen hinein hat zugenommen. Was sind aus Ihrer Sicht die Gründe dafür?
Michael von Foerster: Es ist nicht die Neigung, sondern eine Tatsache, dass seit Jahren die Wirtschaft und der Wettbewerb zunehmend reguliert werden. Dieser Mainstream hat einen klaren grünen Anstrich mit dem Ziel einer sozialistisch-ökologischen Wirtschaftsstruktur. Das neue Grundsatzprogramm der Grünen fordert sogar, sozialistische Alternativen des Wirtschaftens nicht aus dem Auge zu verlieren. Es ist eindeutig das Gegenmodell zur sozialen Marktwirtschaft. Hierdurch wird erreicht, dass in einer komplexer werdenden Welt Einzelne vermehrt dazu neigen, den Staat als fürsorgliche Mutter zu identifizieren, die sich um alles kümmert. Nicht umsonst sprechen die Medien von »Mutti Merkel«. Der Glaube an den mündigen Bürger wird abgelehnt.
Tabak, Alkohol, Zucker, Diesel, Arzneimittel – die Liste der Gefahren, vor denen Bürger mittels Werbeverboten scheinbar geschützt werden müssen, wird immer länger. Was wäre die sinnvolle Alternative?
von Foerster: Seit 100 Jahren führen wir eine gesellschaftliche Auseinandersetzung, die weit über die Frage des Tabakkonsums hinausgeht. Das gesellschaftliche Selbstverständnis der letzten 100 Jahre hat auch eine Mündigkeitskultur hervorgerufen, die es zu verteidigen gilt. In der so oft beschriebenen freien Gesellschaft kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese aus unmündigen und hilflosen Verbrauchern besteht, die der Staat vor einer angeblich verantwortungslosen Industrie und eigenem fahrlässigen Handeln beschützen muss. Die Alternative zu Werbeverboten sind der offene gesellschaftliche Austausch und Dialog, der Lust auf Mündigkeit macht.
Welcher Schaden entsteht Ihren Mitgliedern durch mögliche weitere Werbeverbote?
von Foerster: Wenn für ein legales Produkt nicht mehr geworben werden darf, verschlechtert sich der Marktzugang für eine ganze Branche. Dies gefährdet eine mittelständische Industrie mit Tausenden von Arbeitsplätzen und Milliarden Euro an Steueraufkommen. Wenn im politischen Berlin Vorhaben diskutiert werden, richtet die Einschätzung über Nutzen und Schaden immer den Blick auf die wenigen multinationalen Zigarettenkonzerne. Aber es sind unsere mittelständischen Betriebe, die dadurch in ihrer Existenz bedroht werden. Viel zu selten finden diese Gehör. Es wäre nur fair, wenn deren Stimmen gehört würden. Schnupftabak, Zigarren und Zigarillos haben kein Kettenraucherproblem, keine Schmuggeldimension und auch keine Jugendschutzthematik. Trotzdem werden diese überreguliert.
Sollten sich aus diesem Grund auch Unternehmer politisch stärker engagieren?
von Foerster: Ja. Die soziale Marktwirtschaft muss politisch verteidigt werden! Im Wahljahr 2021 müssen wir den miesen Ruf, den die Marktwirtschaft in vielen Teilen der Gesellschaft hat, mit den richtigen Fragen beantworten. Wie muss die soziale Marktwirtschaft in Zeiten von Klimawandel und digitaler Revolution definiert werden? Wie kann der demografische Wandel bewältigt und das Versprechen auf Wohlstand und Aufstiegschancen für alle erneuert werden? Es sind nicht die lautstark vorgetragenen Theorien zu Verstaatlichungen, Enteignung, Vermögenssteuer, mehr Erbschaftssteuer und Reichensteuer, mehr Abgaben, mehr Regulierung und mehr Staatswirtschaft. Es gilt, Debatten wieder zu gewinnen! Dies kann die Politik nicht allein – es braucht auch engagierte Unternehmer hierfür!
Kontakt: VdR-Hauptgeschäftsführer Michael von Foerster
Telefon: +49 (30) 20965650
E-Mail: social-media@tabakmittelstand.de
Das Interview in der VDZ-Zeitschrift PRINT&more